Die Interessengemeinschaft Moor in Beringstedt

Aufgeschrieben im März 2020 von Herrn Erh. Marxen, da heute kaum noch jemand in Beringstedt lebt, der davon berichten kann:

In den 1920er Jahren gründeten weitsichtige Bauern in Beringstedt eine Interessengemeinschaft, um Flächen des Hochmoores zu kultivieren, d.h. in Grünland zu verwandeln. Hauptziel war die Gewinnung von Weideflächen für das Jungvieh. Man hatte sonst ja erst nach dem 1. Schnitt der Wiesen mehr Fläche zur Verfügung. Vorbilder hatten die Bauern ja auch in anderen Dörfern, vor allem aber in Tackesdorf (Tackesdorf hat seinen Namen von Dr. Tacke, dem damaligen Leiter der Bremer Moorversuchsstation). Vorsitzender dieser IG-Moor wurde Hans Wendell Senior (*1887).

 

Man stellte damals etliche Leute ein zum Ausheben der Grenzgräben und der Drainagegräben (man tat also auch etwas gegen die hohe Arbeitslosigkeit, die damals herrschte). Es wurde eine Raupe der Fa. Stock angeschafft zum Pflügen und Eggen der Parzellen (damals nannte man das Eggen auch Tellern, also das Bearbeiten der Fläche mit einer Telleregge oder auch Scheibenegge genannt).

Da in Stoßzeiten auch nachts gepflügt wurde, hatten sie 3 Fahrer für die Raupe: Wilhelm Thöm, Wilhelm Fischer und Hans Rubien.

Es gab ja seit jeher etliche Torfstiche auf dem Moor, die auch Bürgern aus anderen Dörfern gehörten, aus Puls, Osterstedt, Todenbüttel, Maisborstel und Nienborstel. Einige kleinere Torfflächen wurden umgelegt an die beiden Dämme. Der Damm, der vom Kirchendamm (*1) nach Groot Wisch geht, erhielt den Namen `Hindenburgdamm´, in Anlehnung an den Damm der 1926 vom Festland nach Sylt gebaut wurde. Der andere Damm, vom Kirchendamm (in Plattdeutsch auch Karkdamm genannt) zum Veehen hin, wurde einfach `Ludendorfdamm´ genannt. (Diese Dämme sind heute kaum noch als Wege im Moor auszumachen. Sie sind fast zugewachsen. Auf der Karte, die in der Mehrzweckhalle hängt (Stand 1965), sind sie eingezeichnet und gut zu erkennen. Siehe hierzu einen Ausschnitt dieser Karte im Anschluss an diesen Bericht.)

Zwischen je zwei Flächen, die drainiert werden sollten, wurden tiefe Vorflutgräben gegraben (alles per Hand!). In die ließ man die Drainagen (meist 2 Zoll Tonrohre) auslaufen. In den ersten Jahren nach dem Umbruch und dem ersten Aufkalken wurde `Wildhafer´ gesät, denn der Kulturhafer gedieh dort noch nicht (Hafer ist immer noch die erste Frucht nach Grünlandumbruch, auch `Dreschhafer´ genannt. Über den Drains sackte der Boden nachher mehr als der übrige Boden. Das war später sehr auffällig, als schon mit dem Schlepper Dünger gestreut, geschleppt und gewalzt wurde.

Der Vater von Hans Jakob Holm (Birkenweg 10), dessen Hof erst durch Flächen vom Hof Holm (Wischhof) und Flächen vom Hof Harms (In der Marsch 5) entstanden war -seine Frau war die Schwester von Hans Harms-, hatte sein Moor schon vor der Gründung der IG-Moor drainiert und durch Gräsung kultiviert war. Es ist die 4. Fläche hinter dem `Sportplatz´ (von Hans Kaltenbach, heute Hermann Möller), nach den Flächen von Lenschow, Hans Hinrich Trede und Helene Sierk - siehe Karte Mehrzweckhalle, Stand 1965-. Mangels einer besseren Vorflut, lagen seine Drainrohre aber später zu flach. Die Weide ist in nassen Jahren daher nicht so trittfest wie andere.

Von Moor und Torf

Eine Karte von 1795

 Karte von 1795 für website

Ein Bericht von Otto Bolln (*1900 in Beringstedt):

Beringstedt verfügt in seiner Gemarkung über ein Hochmoor von beträchtlichen Ausmaßen. Mitten hindurch führt der heute befestigte und asphaltierte `Karkdamm´ von Lütjenwestedt nach Todenbüttel. Dieser teilt das Moor der Länge nach in das `Veehnmoor´ und das `Groot Moor´ und ist fast ganz umgeben von ausgedehnten Wiesen, der Steertwisch, dem Veehn und der Groot Wisch. Steuermäßig galt das Moor bis dahin als Ödland und war dementsprechend abgabenfrei. Nachbargemeinden, wie Puls und Maisborstel, die nicht über Moor verfügten, hatten die Gerechtsamkeit auf kleineren Teilen Torf abzubauen.

Die abseitige und auch abgeschlossene Lage des Moores ermöglichte eine fast ungestörte Entwicklung der Flora und Fauna. Birken und vereinzelt auch Kiefern, hohes Heidekraut und Porst (Gagelstrauch) boten der Tierwelt genügend Schutz, vor allem dem Reh- und Birkwildbestand, aber auch Ringelnattern und Kreuzottern waren reichlich vertreten, ferner auch Wildenten auf den Moorlöchern. Auf höher gelegenen Teilen mit geringeren Torfschichten war der Fuchs mit seinen ausgedehnten Bauten häufig zu finden, insbesondere auf dem `Voßberg´ im Groot Moor, mit den Resten der mittelalterlichen `Fluchtburg´ der Beringstedter und Todenbüttler.

Die Torfschicht war unterschiedlich stark, meistens aber bis zu 2 m und mehr mächtig. In oberen Schichten als Weißtorf, in den unteren, älteren Schichten als schwarzer Torf mit hervorragender Heizkraft.

Heidekraut wurde dort, wo es sich lohnte mit der besonderen Sense, der `Heidlehn´ gemäht, ebenso das hohe Bentgras (Pfeifengras). Beides wurde als Einstreu für Viehställe benötigt. Junge Birkenheiser, im Winter geschnitten, wurden zu Reiser-Besen und das Heidekraut zu Schrubbern (Torfschrubber) gebunden. Die durch das Abmähen des Heidekrauts entstandenen freien Flächen dienten einmal als Trockenplätze für den Torf. Zum anderen waren sie ideale Balzplätze für das Birkwild.

Eintrag in der Dorf- und Schulchronik:

Am Sonnabend, den 04.10.1931 wurde die Treibjagd auf dem Moor abgehalten. Es wurden 28 Hasen, 1 Kaninchen, 1 Fuchs, 8 Rebhühner und ein Birkhuhn zur Strecke gebracht.

Heute (gemeint ist hier die Zeit 1960/70/80) ist das Hochmoor durch breite Entwässerungsgräben zur Fuhlenau und zur Haaler Au weitgehend entwässert und dadurch im Nieveau abgesunken und verflacht. Weite Teile, insgesamt wohl ein Drittel der Fläche ist nach der Entwässerung tief gepflügt, gehackt und mittels Kalk und chemischen Düngemitteln zu Kulturland geworden. Es wächst und gedeiht hier nicht nur der sogenannte schwarze Moorhafer, sondern auch Weißklee und es sind weite Weiden für Milch- und Jungvieh geworden. Von dem Urzustand sind zwar noch gute Reste erhalten und bieten genügend Schutz und Zuflucht für den Wildbestand, aber es darf nichts mehr verändert werden, weil der Landschaftsschutz dies nicht mehr zuläßt.

Wenn wir uns nun der Torfgewinnung zuwenden, müssen wir -je nach Qualität der Torfschicht- drei Arten der Gewinnung unterscheiden, und zwar den gestochenen Torf (Klotzen), den gegrabenen und den gebackenen Torf. In allen Fällen waren Spezialgeräte vorhanden und entwickelt, die stets gut gepflegt werden mußten. Die Geräte wurden nur höchst ungern ausgeliehen. In allen Fällen der Torfgewinnung war es nötig die Arbeitsflächen einzuebnen, d. h. spatentief abzubulten.

Von Holz- und Waldwirtschaft

geschrieben von Otto Bolln (geb. 1900 in Beringstedt):

Im Gegensatz zu dem Lande Dithmarschen war Holstein reich mit Waldbeständen gesegnet.

Der sogenannte „Rendsburger Wald“ reichte einstmals von Jevenstedt bis vor die Tore Beringstedt.

Heute ist von ihm nur noch der kümmerliche Rest in Form des Forstes Barlohe (auch Haaler Gehege genannt) vorhanden. Rodungen, Waldbrände, unvernünftiges Abholzen, Windeinbrüche, das Köhlern und der stetige Bedarf an Bau- und Brennholz ließen den Bestand an brauchbarem Nutzholz schnell zusammenschmelzen. Schon im späten Mittelalter kamen den Verantwortlichen starke Bedenken. Im 17. Jahrhundert wurde daher verordnet, daß jedes junge Paar je nach Vermögen 2 bis 20 junge Bäume pflanzen mußte. Erst wenn dies nachgewiesen war, gab es die Heiratserlaubnis. Es mußten gepflanzt werden von

                                                         wohlhabenden Brautleuten                      Eichen und Obstbäume

                                                         mäßig begüterten Brautleuten                 Buchen

                                                         weniger begüterten Brautleuten              Kiefern und Erlen

Für die jungen Brautleute war der Ort der Anpflanzung genau vorgeschrieben.

 

Für Holzdiebe gab es harte Strafen, so z.B. beim Amt Rendsburg im Jahr 1731 für Holzdiebstahl das Spießrutenlaufen oder 8 -10 Tage Fronarbeit als Karrengeher, oft aber auch den Pranger (Kaak).

Nach Aufhebung dieses Zwanges wurde das Anpflanzen von Bäumen auch im 18. Und 19. Jahr-hundert noch beibehalten. So hat auch unser Großvater Hans Bolln, geb. 1811 in Reher, als er 1841 nach Beringstedt kam, noch Eichen und Kastanien um das Haus (Mückenhörn 9, siehe Bilder unten) herum gepflanzt, die z. T. auch heute noch erhalten sind.

In diesem Zusammenhang ist noch zu erwähnen, daß die eigentlichen Nadelhölzer (Tannen, Fichten, Kiefern) erst verhältnismäßig spät in Holstein heimisch geworden sind. Die ersten Nadelhölzer sind 1595 in Breitenburg, wahrscheinlich auf Veranlassung der Rantzau´s, angebaut und dann verbreitet worden.

Zum Thema Wald- und Forstwirtschaft ist dann auch noch das „Borken“ zu erwähnen, das in meinem ersten Lebensjahrzehnt auch bei uns zu Hause noch gebräuchlich war, heute aber schon längst vergessen ist. Es handelt sich dabei um die Gewinnung von Eichenborke zur Lohgerberei. Sobald im Frühjahr die Eichen grünten und der Saft stieg, wurden in den Knicks und Kratts Eichenknüppel geschlagen und nach Hause geschafft. Auf dem Haushof wurde die Eichenrinde mit der stumpfen Beilseite losgeklopft und dann in möglichst großen Stücken abgeschält. Diese Rindenstücke wurden aufgestapelt, an der Luft getrocknet und dann gebündelt und schließlich zur Verladung an die Gerbereien abgeliefert, die die Lohe selbst herstellten. Beim Borken mußte die ganze Familie helfen und der scharfe aber keineswegs unangenehme Geruch haftete dann noch lange an Kleidung und Geräten. Größere Bauern zerschnitten die getrocknete Rinde noch mit dem Häckselschneider und ließen die Borke dann in den Lohmühlen mahlen und in Säcke füllen. Dieses Lohgerbermittel wurde gut bezahlt. Mit der Einfuhr von Quebracho aus Südamerika hielt dieser schlagartig auf. 1924 wurde im waldreichen Aukrug noch geborkt, denn im ersten Weltkrieg und später auch im zweiten Weltkrieg mußte wieder auf die Lohgerberei mit Eichenborke zurückgegriffen werden. In Ermangelung von Eichenrinde nahm man auch auf andere Baumrinden (z.B. Fichten) als Gerbemittel.

Mit den zurückgebliebenen blanken Eichenknüppel wurde der Backofen geheizt, weil damit eine besonders langanhaltende Hitze erzeugt werden konnte.

HausDoraLütjeMückenhörn   Mückenhörn9

Dieses Haus wurde 1998 wegen Baufälligkeit abgerissen. Es entstand ein Neubau.

 

 

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