Der letzte Gemeinde-Schäfer von Beringstedt
In frühen Jahren war in Beringstedt ein Schäfer mit Namen Hans Thede. Er ist in Bornhöved, in Ostholstein, geboren. Im Kriegsjahr 1870 wurde er eingezogen. Bei der Ausbildung zum Soldaten ist er erkrankt und dann im Lazarett gestorben.
Sein Nachfolger wurde Jasper Peters *26.04.1847 in Todenbüttel. Für´s Schafehüten bekam er 48 Thaler im Jahr. Er hatte 5 eigene Schafe und hütete insgesamt ungefähr 300 Schafe, die im Dorf verteilt waren. Die Bauern Bruhn und Daniel Hadenfeldt gehörten nicht mit zu der Gemeindeschäferei. Für jedes Schaf mußten die Eigentümer den Schäfer 1 Tag beköstigen. Morgens, wenn er die Schafe zusammenhaben wollte, tutete er auf seinem Kuhhorn. Wenn das Horn erklang, wurden die Ställe geöffnet und die Schafe wußten wo sie hin mußten. Als Erkennungszeichen hatte jedes Schaf eine Markierung am Ohr. Die Schafe von Hans Harms hatten am rechten Ohr ein Stück abgeschnitten und im linken Ohr ein Loch. Bei Eggert Lucht hatte das rechte Ohr ein Loch. Dies sind nur zwei benannte Ohr-Markierungen, die notiert wurden.
Bei Regenwetter trug er einen großen Regenmantel mit Kapuze und bei Unwetter noch einen Ölumhang darüber. Als ständigen Begleiter hatte er seinen Hund „Fix“ dabei. Sein Stock war von einem wilden Appeldorn und hatte am Ende einen Haken, mit dem er einzelne Schafe aus der Herde an den Hinterbeinen herausholen konnte. Ebenso gehörte zu seiner Ausstattung eine Flöte. Die Graszeit war verschieden verteilt. Bis Mitte April hütete er sie auf der Hauskoppel. Danach, wenn alles grün war, trieb er sie zum großen Moor. Tagsüber wurden sie gehütet und nachts trieb er sie auf einen der Fleete (Fleet nannte man eigentlich die ausgehobenen Gräben seitlich der Felder. Der Aushub bildete eine Anhöhe und das Wasser blieb in den Gräben, so konnte man nasse Wiesen trockenlegen. Auf diese Weise haben in Ostfriesland die Kolonisten ganze Landstriche bearbeitet um Land zu bekommen, das dann beweidet und später auch beackert werden konnte).
Diese befanden sich auf der „Steenbrügkoppel“ (Steinbrückenkoppel), der „Steertwisch“ (Schwanzwiese) und am „Pennebarg“ (Pfennigberg).
Sein Mittagessen bekam er von den Dorfjungs hingebracht. Diese trieben auch gerne mal Schabernack mit ihm. Seine Lieblingessen waren Pfannkuchen und Mehlbeutel. Er aß immer sehr gemütlich und sein Spruch dabei war: Gut gekaut ist halb verdaut.
Bis Mitte Mai hütete er die Schafe auf den „Steertwischen“, weil sie danach gemäht werden sollten. Dann zog er mit seiner Herde zur Koppel an der Au von „Johann Karnbarg“ (Johannes Kaltenbach).
Im Jahr 1879 war der Juli naß und kalt. Die Schafe waren gerade geschoren worden und durch die Kälte starben viele davon. Dies ließ den Schäfer jedoch nicht verdrießen, was sollte er auch machen! Seine Pfeife jedoch ließ er den ganzen Tag nicht kalt werden. Die toten Schafe wurden mit dem Wagen aus den Wiesen geholt und zur Scheune von Klas Holm gebracht. Ende Juli war das Wasser in der Au so hoch, dass der Moorweg überlaufen war. Jasper Peters legte für die Schafe einen Steg über die Fleete. Diese hat er dann noch mit Heide überdeckt, damit seine Schafe auf trockene Flächen gebracht werden konnten. Nach der Ernte hütete er die Schafe auf den Stoppelfeldern. Im Winter kam die Herde in den Stall. Abends tutete er dann durch´s Dorf und die Schafe liefen allein zum Stall. Im März war die schwerste Zeit für unseren `Jasper Schäfer´, dann mußten die Lämmer getragen werden. Das war ein Heidenspaß für die Kinder im Dorf. Die Körung der Lämmer war schon vorgenommen worden. Die Leute sagten immer von Ihm, er wäre verdreht. Fragten die Kinder: „Jasper, wird es regnen?“, dann antwortete er: „Ja, wenn es nicht trocken bleibt“. Oder, wenn es regnete und er den großen Mantel anhatte, fragten die Leute ihn: „Jasper, wirst du auch naß?“, dann war die Antwort: „Och, das Meiste fällt vorbei.“
Jasper hatte auch ein Auge für Altertümer und war ein guter Wetterprofet. Was er sagte, traf auch meistens ein. Im Jahr 1888 war wieder mal ein nasses Jahr. Die Schafe bekamen von dem nassen Gras die Leberkrankheit und verstarben. Damit wurde die Gemeindeschäferei aufgelöst. Jasper Peters kam dann als Schäfer zum Gut Warringholz. Dort handelte er nebenbei auch mit Kurzwaren.
Um 1900 kam er wieder nach Beringstedt und wurde Dorfwächter. Gewohnt hat er in der Kate von Ott/Rosenkranz, wo `Klas Ott´ wohnte (später Claus und Käthe Rosenkranz, Friedenstr. 1)
Dieses Bild hat Marianne Pingel, Timmaspe, 2018 zur Verfügung gestellt (Enkelin von Hans Martens).
Bei Familie Martens hatte Jasper Peters seinen `verbrieften´ Altersruhesitz. Hier verbrachte er seine letzten Lebensjahre.
Ein kleiner Nachtrag: Sein Zeitvertreib beim Hüten war Flöten und Rauchen. Den Pfeifensaft sammelte er, um damit die Schafe gegen Reude zu behandeln. Auch legte er großen Wert auf Sachen aus der vorgeschichtlichen Zeit. So fand er z. B. einen zugewachsenen Brunnen aus der Zeit der Vorfahren. Leider wurde nicht aufgeschrieben oder festgehalten, auf welcher Fläche das war.
Liste der Schaf-Eigentümer vom 1. Nov. 1873:
Cl. Elers 1
H. Boje 6 J. Sievers 2 H. Peters 1 Cl. Ruge 14 Witwe Sievers 3
H.K. Boig 7 S. Tim 3 H. Tom 4 W. Pobitz 1 Witwe Ties 6
H. Lug 7 H. Bolln 1 J. Ott 6 H.D. Ruge 3 ... Trede 1
M. Sur 2 A. Bihs 2 L. Martens 7 R. Gloje 2 J. Hadenfeldt 9
H. Rohweder 1 H. Ewers 1 J. Cröger 1 J. Wohlers 4 H. Kracht 2
D. Hadenfeldt 1 L. Holm 3 P. Bock 1 C. Wieben 2 Chr. Sievers 2
J.L. Wendell 6 Witwe Schümann 2 H. Harms 8 J. Sievers 1
Sievers 1
Angefertigt am 31.3.1924 von Hans Hadenfeldt, abgeschrieben von Auguste Schlömer, 8.12.2….
Übersetzt aus der alten deutschen Schrift hat diesen Text Frau Gertrud Keller, 86 Jahre, im Jan. 2018. Sie ist eine der wenigen, die diese Texte noch lesen können.
Otto Bolln verfaßte, um ca. 1970 herum, ebenfalls einen Bericht über das Beringstedter Original Jasper Peters:
Jasper Peters, der einst Dorfschäfer gewesen war und darum auch "Jasper Scheeper" genannt wurde , war in seiner Art sicher originell. Klein und schmächtig von Gestalt aber flink war er früher nebenher auch zeitweise Nachtwächter gewesen. Im Alter verrichtete er Botengänge, er sagte Beerdigungen und Hochzeiten an. Im Sommer mußte er die Hecken scheren, für die das Dorf zuständig war. Er war das, was man als einen "Pfiffikus" nennt und man fragte ihn um Rat, wenn das Vieh krank war, denn er wußte als früherer Schäfer allerlei Rezepte. Wir Kinder folgten ihm stets und fragten ihn um ein Rätsel, denn er steckte voll von Rätseln, Schnurren und kurzen Versen. Wenn wir vergeblich über ein Rätsel von ihm nachsannen, kicherte er. Er lief mehr als er ging und zwar stets in Lederpantoffeln. Bei Claus Martens bewohnte er eine kleine Kammer und blieb m.W. nach ledig. Er starb hoch betragt.
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