Meiereigenossenschaft Beringstedt
81 Jahre lang gab es in Beringstedt eine Meierei.
Die Hauptgründerzeit der Genossenschaftsmeiereien in den Dörfern Holsteins fällt in die achtziger Jahre des verflossenen 19. Jahrhunderts, so auch in Beringstedt. Am 10. Februar 1887 wurde im Hause des Gemeindevorstehers Ehler Holm in Beringstedt die Anlage einer Meierei beschlossen. Von den anwesenden Interessenten traten 18 zu einer Genossenschaft zusammen. Zum Vorstand wurden gewählt:
Hans Lucht (Vorsitzender),
Johann Wendell,
Samuel Timm,
Hinrich Holm (Schriftführer)
Hans Hadenfeldt
Dies war damals ein bedeutungsvoller Fortschritt gegenüber der bis dahin üblichen Milchverarbeitung, das Buttern auf jedem einzelnen landwirtschaftlichen Hof. Dieser Fortschritt wurde jedoch noch nicht von jedem Milchproduzenten so gesehen. Einige wollten es lieber bei der hergebrachten Verfahrensweise belassen.
Somit wurde der Bau eines Meierei-Gebäudes beschlossen, beantragt und genehmigt:
Dieses alte Dokument wurde im Herbst 2020 wiedergefunden zwischen den Sparren im Dach des Hauses unseres Ehrenbürgers Herbert Jürß, Steinbergstr. 7. Hier im Dachgeschoß hatte einst das Amt Beringstedt seine Räume.
Der Butterhändler `Stoffer´ (Christofer) Evers lieferte einst die auf den einzelnen Höfen produzierte Butter mit seinem Pferdefuhrwerk bis nach Hamburg-Altona. Hier bekam er die besten Preise für seine Ware bezahlt. Er wohnte im Haus: In der Marsch 1.
Die folgenden Informationen stammen aus der Fest-Zeitschrift, die zum 75-jährigen Jubiläum (1962) gedruckt wurde. Diese wurde von Ingrid Martens bei Aufräumarbeiten 2019 in den Unterlagen der Familie wiedergefunden und für die Chronik zur Verfügung gestellt:
1894 Die Höhe des Geschäfts-Anteils wird von 10 auf 40 Mark festgelegt.
1895 betrugen die Betriebskosten 1 Pfennig je Liter Milch.
1896 wurde mit dem Kartoffeldämpfen begonnen.
Beitritt zum Westholsteinischen Meiereiverband.
1897 lt. Beschluß: Austritt aus dem Westholsteinischen Meiereiverband.
1899 Grundstückkauf von Hinrich Holm.
1900 wurde von dem Vorstand beschlossen die Milchlieferungen monatlich abzurechnen.
Zuvor alle 4 Wochen.
Der erste Anstellungsvertrag mit dem Meieristen wird datiert am 1. August 1903.
1904 wird mit dem Käsen begonnen. Die Meierei erhält eine Entschädigung von 50 Pf je Stück.
Wohnhaus-Neubau genehmigt.
1905 Neubau eines Hauses für den Meieristen, auf dem von H. Holm gekauften Grundstück.
1906 wurde eine neue Pumpe für 1500 Mark eingebaut, die 8000 Liter Wasser die Stunde liefert. 1910 ein neuer Dampfkessel für 1800 Mark angeschafft.
1914 Kauf eines ASTRA-Butterkneters ohne Wandvorrichtung. Preis 540 Mark, vom Bergedorfer Eisenwerk.
1919 Bezahlung der Milch nach Fettgehalt, statt wie bisher nach Liter. Die Untersuchung erfolgt 3-mal im Monat durch den Vorstand.
Die Betriebskosten betragen je Liter Milch 4 Pfennige.
Eine neue Dampfmaschine zum Preise von 84 000 Mark wurde 1922 angeschafft.
1920 Beitritt zum Zweckverband der Meiereien des Kreises Rendsburg.
1921 Lt. Protokoll vom 22.Oktober: Teuerungszuschlag für den Meieristen 1 Schwein 3000 RM.
1922 beträgt das Gehalt für den Meieristen 20.000 Mark. Im selben Jahr gibt es die erste Bilanzveröffentlichung in den genossenschaftlichen Mitteilungen. Im Oktober wird Butter zur Auktion des Meiereiverbandes Schleswig-Holstein zur Verfügung gestellt.
Ankauf neuer Maschinen für 840 000 Mark, von Bergedorf, Kostgeld für den Monteur 1.000 Mark je Tag (Inflationszeit).
1923 beträgt das Gehalt des Meieristen 100 Goldmark je Monat.
1925 Bis zum Jahr 1925 wechselte der Posten eines Geschäftsführers (Genossenschaft) alle Jahre. Im genannten Jahr wurde beschlossen, einen ständigen Geschäftsführer zu ernennen. Es wurde der Bauer Hans Holm gewählt.
1927 Antrag auf Prämienzahlung `Saubere Milch´ - abgelehnt !
1928 Annahme der Normalsatzung.
Anschaffung einer neuen Neigungswaage.
1932 gibt es lt. Protokoll eine tägliche Fettprobe, abends und morgens. Im gleichen Jahr findet eine Pfändung der Milchgelder durch die Gemeinde statt, zur Begleichung der Gemeindesteuer.
1933 Beitritt zum Land- und Bauernbund.
Am 10.3.1933 wurde beschlossen die Meierei zu modernisieren und mit allen Neuerungen der Technik auszugestalten. So wurde unter anderen Erneuerungen eine neue Kühlanlage eingebaut; dadurch war die Meierei imstande, beste Markenbutter zu liefern.
1934 Der jetzige Geschäftsführer ist H. Greve.
Für die nächste Zeit sind wieder größere Verbesserungen und Erneuerungen vorgesehen, so daß die Beringstedter Genossenschaftsmeierei allen Anforderungen, die an eine leistungsfähige Meierei gestellt werden, voll und ganz erfüllen kann. Die Vereinigung hat z. Zt. 40 Genossen und 10 Lieferer mit einer Gesamtzahl von 335 Kühen.
1935 wird eine bargeldlose Milchgeldauszahlung eingeführt.
Die Geschäftsverbindungen zur Spar- und Darlehenskasse besteht seit 1903.
Es wurde ein Warmanzeiger mit Wärmeaustauscher für 4 800 Mark aufgestellt.
1937 feierte die Meierei-Genossenschaft ihr 50-jähriges Jubiläum
Von den 18 Gründern der Genossenschaft ist zu der Zeit nur der 82-jährige Altenteiler Hans Hadenfeldt noch am Leben.
1942 Umwandlung in eine Genossenschaft mit beschränkter Haftpflicht. Annahme einer neuen Satzung. Der Geschäftsanteil beträgt 10 RM, die Haftsumme 50 RM je Anteil.
Im Jahr 1942 wird die Seefelder Meierei stillgelegt. Die Seefelder liefern ihre Milch jetzt nach Beringstedt.
Die Inflationen für Maschinen und ähnliches beliefen sich in den Jahren 1950 – 1961 auf 117.000 DM
Das Eigenkapital erhöhte sich von 24.700 DM (1950) auf 49.700 DM in 1961.
Betriebsleiter in der Meierei waren:
Mai 1887 – Apr. 1888 C. Pahl Meierist aus Jevenstedt und als Heizer K. (oder R.?) Schacht aus Beringstedt angestellt.
Apr. 1888 – Nov. 1890 C. Petersen Meierist aus Gnutz
Nov. 1890 – Dez. 1892 H. Rohde Meiereihaushalter aus Osterwohld Als neuer Heizer wird zu selbigen Termin H. Behrens aus Beringstedt gewählt.
Dez. 1892 – Apr. 1896 C. Stocks Meierist. Mit einem Jahresgehalt von 1200 M.
Dafür muß er sämtliche Arbeiten in der Meierei machen, die Buchführung und die Heizung des Dampfkessels mit übernehmen. Ein Heizer wird nicht wieder angestellt.
Apr. 1896 – Mrz. 1903 F. Dittmer Meierist
Mrz. 1903 – Nov. 1915 Ratje Meierist aus Lütjenwestedt
Nov. 1915 – Apr. 1921 Herring Meierist aus Spann/Hademarschen Als er 1916 ins Feld rückt, wird von der Genossenschaft einstimmig beschlossen, die Frau des ins Feld gezogenen, die dazu befähigt war, mit der Führung der Meierei zu betrauen. Getreulich und mit Umsicht und Fleiß hat die Frau bis zur Rückkehr ihres Mannes im Herbst 1918 den Betrieb der Meierei geführt.
Apr. 1921 – Aug. 1935 Hans Gosch Meiereimeister aus Breiholz. Er wurde aus 88 Bewerbern ausgewählt.
Aug. 1935 – Mrz. 1958 Karl Heising Meiereimeister aus Wrist. Er wurde aus 31 Bewerbern ausgewählt.
Mrz. 1958 – Apr. 1959 Kurt Sievers Meiereimeister aus Hohenwestedt.
Apr. 1959 – bis zu seinem Tod K. H. Berndt Meiereimeister aus Ostenfeld/Husum
…dann folgte noch Uwe Schilling
1962 am 10. Februar feierte die Meierei-Genossenschaft ihr 75-jähriges Jubiläum
Hierzu waren auch die Ehefrauen der ehemaligen Meieristen eingeladen: Marga Berndt und Cäcilie Heising.
von links: Detlef Trede, Hinrich Mehrens, Hans Wendell, Marga Berndt, Hans Jakob Holm, Martin Schipmann, Ehler Holm, Cäcilie Heising, Hans Harms, Claus Martens, Herbert Jürß, Claus Hadenfeldt
Peter Büssen mit seinem Milchwagen und der Meierist
An Milch wurden im Jahr
1887 299 206 Liter
1900 524 761 Liter
1914 733 700 Liter verarbeitet.
Während des 1. Weltkrieges ging die Milchproduktion bedrückend zurück, es wurden
1918 nur 320 890 Liter angeliefert.
Im Jahr 1936 waren es 1 040 056 Liter.
Meierei und Wohnhaus
Der Absatz von Trinkmilch und Rahm wurde wesentlich erhöht als Peter Büßen mit seinem Milchwagen dem Verbraucher die Milch bis vor das Haus brachte.
Fast 15 Jahre lang belieferte der `Milchmann´ das Dorf. Seine Touren führten ihn bis nach Ostermühlen und in den südlichen Teil von Todenbüttel (vor der Au). Anfangs lieferte er nur Milch und Butter, später kam dann auch noch frisch gebackenes Brot hinzu. Sein Pferd `Lotte´ war stets geduldig und wartete, auch wenn die Ware direkt ins Haus gebracht wurde und ein `Klönschnack´ die Weiterfahrt verzögerte. Nur einmal soll es vorgekommen sein, dass es ihm zu lange dauerte. Da machte es sich einfach selbständig auf den Weg nach Hause und kam hier ohne Herrn Büßen an. Es war ja auch der letzte Kunde und das Pferd kannte ja den üblichen Weg.
Claus Seemann liefert seine Milch und Grete Hinrichs schreibt die gelieferte Menge auf.
Dieses Bild wurde von Rolf Kühl zur Verfügung gestellt. Sein Bruder Uwe steht rechts mit dem Zettel in der Hand. Er sollte wahrscheinlich Butter holen. Davor Grete Hinrichs, sie wohnte gegenüber, ihr Mann war Schumacher. Dahinter stehen Udo Osterwald und Magret Wensien.
Lt. einem Zeitungsbericht (Kieler Nachrichten, Nr. 10, vom 13.Jan. 1960) war es die Milch von 400 Kühe, die täglich an die Meierei geliefert wurde (25 Betriebe).
1962 feierte die Meierei-Genossenschaft Beringstedt ihr 75-jähriges Jubiläum
Bilder von der Jubiläumsfeier 1962 in der Gastwirtschaft Lenschow:
Karla Seemann und Irmi Jürß mit Leierkasten tragen singend einen humorvollen Text vor.
Bild oben, von links: Liesbeth Kühl, Erne Voß, Erne Martens, Hermann Hadenfeldt, Frau Hadenfeldt, Willi Kühl und Claus Martens
Diese Bilder wurde zur Verfügung gestellt von Rolf Kühl
Beim Sahne-Wettessen. Hans Wendell lacht sich schlapp; davor im weißen Hemd: Hinrich Mehrens, rechts von ihm: Herbert Jürß -im Gesicht viel Sahne-
Frau ...? und Herr ?
Hinter Hans Wendell steht Hinrich Trede.
Die Leistungsfähigkeit steigerte sich von 300 192 Liter im Jahr 1888
auf 1 600 000 Liter im Jahr 1968
Ende Februar im Jahr 1969 wurde die Meiereigenossenschaft aufgelöst. Die Wagen mit den Milchkannen der einzelnen Höfe fuhren ein letztes Mal zur Meierei und lieferten hier ihre Milch ab.
Diese Auflösung wurde beschlossen, weil die Nordbutter GmbH in Hohenwestedt den Lieferanten 2 Pfennig pro Liter mehr zahlte und der Beringstedter Genossenschaft im letzten Geschäftsjahr einen Verlust von 32 Tausend DM bescherte. Das konnte sie sich nicht leisten.
Die letzten Meiereigenossenschafts-Vorstandsmitglieder waren:
Hans Wendell, Claus Martens und Ehler Holm
Zum Abschied gab es bei der letzten Milchlieferung einen kleinen Imbiß:
Das Meiereigebäude sowie das daneben stehende Wohnhaus wurde verkauft.
Später richtete Kai Riese hier eine Auto-Werkstatt ein, die er bis heute betreibt.
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